Ein Fall für mich! Ich habe vor einiger Zeit ein Buch gelesen: „Tatort Dorf“. Tolles Buch über authentische Kriminalfälle vom Dorf. Kein klassischer Dorfkrimi, in dem ein Bauer seine Frau erschlägt und diese anschließend unter mysteriösen Umständen verschwindet, sondern wirkliche Taten, die real geschehen und dokumentiert sind – Mord, Raub, Sexualverbrechen. Das Buch behandelt 27 Fälle im Zeitraum von 1225 bis 1966 und entstand aus einer Artikelserie für das Landwirtschaftliche Wochenblatt Westfalen-Lippe.
Der Fall um Graf Friedrich von Isenberg
Da erinnerte ich mich an den Fall von Graf Friedrich von Isenberg im Jahre 1225 im ländlichen Westfalen, der den Erzbischof Engelbert von Köln ermordet hatte. Erzbischof Engelbert war nicht nur Erzbischof, sondern auch die rechte Hand des damaligen Kaisers Friedrichs II. Als dieser nach Italien aufbrach, um sein Reich zu erweitern, ernannte er ihn zum Vormund seines Sohnes. Der Sohnemann wurde zuvor selbst zum König ernannt. Somit war Engelbert auch einer der mächtigsten Männer im Reich – zum Nachteil einiger Landadliger, die nach mehr Eigenmacht und Unabhängikeit verlangten. Graf Friedrich von Isenberg, ein direkter Verwandter Engelberts, zerstritt sich allerdings mit beiden, als diese herausfanden, dass er sich in seinem Amt als Vogt (Amtsverwalter) unrechtmäßig bereicherte. Engelbert hatte nun die Aufgabe gegen von Isenberg vorzugehen und die Sache zu klären, die schließlich mit seinem Tod endete.
Die liebe Famile äußerst brutal
Eine Familientat also. Die Tat ist recht gut dokumentiert, da ein Zisterziensermönch, ein Gefolgmann des Erzbischofs, diese nach dem Geschehen aufschrieb. Engelbert wurde von Getreuen von Isenberg überfallen, geschlagen, die Hand abgetrennt und mit 47 Messerstichen malträtiert. Der Leichman ist im Dom zu Köln bestattet. 1978 öffneten Rechtsmediziner den Eneglbert-Schrein und untersuchten seine Überreste, sie dokumentieren auch nach dieser langen Zeit, die Brutalität der Tat.
Aber nun zur Frage: Gerädert
Als Strafe wurde von Isenberg zum Tode durch Rädern verurteilt, äußerst brutal und wie in der damaligen Zeit öffentlich vollzogen. Der Täter wurde zu Boden gelegt, getreckt und gepflockt. Die anschließende Aufgabe des Henkers – ihn mit einem Wagenrad die Gliedmaßen zertrümmern. AUA!
Nach den schon unvorstellbaren Schmerzen wird der zerschundene Körper auf ein weiteres Wagenrad gelegt und die Gliedmaßen durch die Speichen geflochten.
Doppelt AUA! Die meisten Verurteilten, die gerädert werden, sterben anschließend durch Verbluten oder Herzstillstand. Von Isenberg starb erst einen Tag nach der Räderung.
Unfassbar, wenn wir diese Methoden aus heutiger Sicht sehen und beleuchten. Da scheinen die noch heute gebräuchlichen Hinrichtungsarten, Tod durch Giftspritze und Tod durch den elektrischen Stuhl, humaner zu sein – wenn man das überhaupt so sagen kann. Umso überraschender, dass diese Hinrichtungsart aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit erst 1813 in Bayern vollständig abgeschafft wurde.
Die Methode des Rädern
Prinzipiell ist das Verfahren der Hinrichtung hierbei (wie oben beschrieben) in zwei Akte unterteilt:
- Der Verurteilte wurde auf ein Schaugerüst gebracht und auf dem Boden festgebunden oder festgepfählt, sodass dieser das Folgende ohne Fluchtmöglichkeit über sich ergehen lassen musste: das Zertrümmern seines Körpers mit einem Richtrad durch den Henker bzw. Scharfrichter. Hierbei ging es nicht um das Töten, sondern tatsächlich um die qualvollen Schmerzen. Damit die Wahrscheinlichkeit des Sterbens beim ersten Akt gering gehalten wurde, arbeitete sich der Henker von den Beinen hoch zu den Armen. Hier war „Gefühl“ verlangt: Rhythmus und Schlaganzahl waren vorgeschrieben und mussten eingehalten werden. Die Schläge konnten durch das Unterlegen von scharfen Kanthölzern an allen Gelenken effizienter gestaltet werden.
- Anschließend wurde der Körper in ein anderes Rad geflochten, was durch die gebrochenen Gliedmaßen nun möglich war. Als wäre das nicht genug, wurde der Verurteilte an einem Stock oder Pfahl zur Schau gestellt. Der Henker konnte durch das Enhaupten oder Erdrosseln schlussendlich Gnade walten oder den Verurteilten qualvoll durch Verbluten oder Herstillstand sterben zu lassen.
Was bleibt noch zu sagen
Am Ende sah ich wohl wirklich etwas fertig aus, aber an „gerädert aussehen“ kam das wohl nicht ran. Es war weder ein Henker noch ein Rad in der Nähe. Und vor allem sahen meine Gliedmaßen noch vollkommen in Ordnung aus. Nach ein paar extra Stunden Schlaf in der Nacht ging das dann schon wieder. Vielen Dank an meinen lieben Kollegen, der mich das gefragt hat – nun bin ich doch wieder etwas schlauer. Lob an den Landwirtschaftsverlag Münster, der ein so tolles Buch herausgebracht hat.
Für alle, die noch etwas mehr wissen wollen – dank Wikipedia: Beitrag „Rädern“ bei Wikipedia